Mit dem Rad zur Arbeit
Drei Radler erzählen von ihrem Alltag am Land.
In der Stadt zählt das Rad schon lange zu den am meist genutzten Verkehrsmitteln. Durch eine gut ausgebaute Infrastruktur und flache Topographie, ist der gute alte „Drahtesel" schon längst nicht mehr aus dem städtischen Alltag wegzudenken. Doch wie sieht das Ganze in ländlichen Gebieten aus? Wird das Rad hier auch im Alltag oder eher als Freizeitgerät verwendet? Wir haben uns in Turnau - einem Dorf nahe des Hochschwabs - ein wenig umgehört und dabei einiges zur Radnutzung in Erfahrung gebracht.
Fakt ist, das Rad wird in ländlichen Regionen deutlich weniger genutzt als in der Stadt. Hier hat das Auto nach wie vor einen großen Stellenwert - sei es durch die hügelige Landschaft oder die oft noch mangelhaft ausgebaute Infrastruktur für Radfahrer. Ein Auto, meistens sogar zwei oder drei pro Familie, sind hier Standard.
Aber es gibt auch Ausnahmen, wie zum Beispiel einige Mitarbeiter der Firma Heldeco. Hier wird das Rad von einigen Mitarbeitern deutlich öfter genutzt - in der Freizeit oder als Fahrzeug im Alltag. Wir durften uns mit drei von ihnen treffen und etwas mehr über ihre Fahrradnutzung am Land erfahren: Sabine Dettenweitz ist selbst begeisterte Radlerin, aber auch ihre beiden Kollegen Peter Lüttich und Mario Nickas treten gern in die Pedale und fahren regelmäßig CO2-neutral in die Arbeit.
Die Sportliche
Die Chefin der Firma, Sabine Dettenweitz, radelt mit gutem Beispiel voran und macht sich vor allem in den Sommermonaten oft und gerne per Rad auf den Weg in die Arbeit. „Ich mag es, bereits am Morgen etwas frische Luft zu bekommen, denn so kann ich frisch und munter in den Arbeitstag starten, außerdem hält es mich fit", so Dettenweitz. Trotzdem ist ein Auto für sie im Alltag nicht wegzudenken: „Bei Schlechtwetter fahre ich trotzdem lieber mit dem Auto, da ich mich sonst im Unternehmen duschen müsste und dadurch wertvolle Arbeitszeit verloren geht." Dazu kommt, dass sie einen Haushalt mit vier Personen zu versorgen hat und dadurch häufig Großeinkäufe macht. Ein klassisches Fahrrad ist dafür weniger geeignet. „Mit dem E-Bike ist sowas natürlich schwierig, aber ich wäre einem Lastenrad gegenüber nicht abgeneigt", erklärt sie. Dafür müsse es in Zukunft aber Veränderung geben: „Man müsse mehr Radwege schaffen, bzw. die Erlaubnis einholen Wege für Radfahrer zu öffnen. Derzeit gibt es noch so viele Radfahr-Verbote aufgrund der privaten Haftung von Grundstücksbesitzern bei Unfällen, was vor allem die Nutzung in der Freizeit sehr schwer macht"
Der Hobby-Mountainbiker
Für Peter Lüttich stellt das Radfahren vor allem einen Ausgleich zum sitzenden Beruf dar: „Ich sitze beinahe den ganzen Tag im Büro und so kann ich mich davor und danach bewegen, was mir sowohl physisch als auch psychisch sehr gut tut." Aber auch bei ihm wäre das Fahrrad keine optimale Alternative zum Auto. Vor allem im Winter ist es ihm einfach zu kalt und auch zu gefährlich, um damit in die Arbeit zu fahren. Denn bei den häufig vorkommenden Minusgraden ist eine Schneedecke inklusive Eisschicht darunter keine Seltenheit.
„Auch wenn das Straßennetz hier in der Region um den Hochschwab ausreichend ist, soll mein Mountainbike einfach ein Ausgleich und ein Hobby sein. Daher würde ich mir auch einen Ausbau der Radwege, vor allem im Aflenzer Becken wünschen. Denn zur Zeit ist die Situation mit den Trails einfach ein Witz", erklärt er.
Der Ehrgeizige
„Ich fahre ungefähr ein bis zwei Mal die Woche mit dem Rad in die Arbeit, weil es am Morgen meinen Kreislauf in Schwung bringt. Allerdings mache ich das nur in den wärmeren Monaten, also von April bis September", erklärt Nickas seine Fahrradnutzung. Auch in der Freizeit ist er häufig auf seinem E-Mountainbike anzutreffen. Denn gemeinsam mit seiner Gattin ist er oft auf verschiedenen Trails und Radwegen unterwegs. Auch für wöchentliche Einkäufe - solange es sich nicht um Großeinkäufe handelt - steigt er gerne aufs Rad. Trotzdem könne er sich nicht vorstellen, ein Lastenrad anzuschaffen, da diese Investition sich „eher in der Stadt auszahlt".
„Durch den E-Bike-Hype gibt es schon mehr Radfahrer - auch bei uns am Land. Trotzdem müsste man noch mehr tun um Radfahren attraktiver zu machen" Vor allem, der Irrglaube, E-Bikes seien nur etwas für alte Menschen müsse aus den Köpfen der Menschen verbannt werden, findet er. Nickas ist auch der Meinung, dass es mehr „erlaubte" Radverbindungen rund um den Hochschwab geben sollte, da die meisten durch Privatbesitz-Gesetze verboten sind.
Sicher ist: Um das Rad mehr in den ländlichen Alltag zu integrieren, muss noch einiges getan werden. Forstwege müssen für den Radtourismus geöffnet und das Thema E-Bike muss überdacht werden. Außerdem fehlt es an einigen Ecken am Bewusstsein für CO2-neutrale Fortbewegungsmöglichkeiten, da der Komfort an vorderster Stelle steht.
(von Andrea Dettenweitz/FH Joanneum in Kooperation mit Radmobil Steiermark)